Text von T$, veröffentlicht in TapMag 3

Als aufmerksamer Beobachter unserer Umgebung und Zeitungsleser hat man sicher mitbekommen, daß mit dem Jahrtausendwechsel die Zeit des (technischen) Fortschritts angebrochen ist
(klarer Fall von Amnesie - den ganzen Krempel hat man schon vor 10 Jahren haben können, war aber damals wohl noch nicht "in", "hip" oder was auch immer).
Darum stellt sich nun die für unsere Zukunft existentielle Frage:

Wie steht es um die technologischen Kenntnisse unserer Mitmenschen im Jahr 2000?

Um dieses Problem fachgemäß zu klären wurden längerfristige Observationen durchgeführt, bei der die Teilnehmer nicht darüber informiert waren, daß sie Teil einer Studie waren.
Das niederschmetternde Ergebnis brachte eklatante Mißstände in den allgemein verbreiteten Fähigkeiten zu Tage. Einfachste elementare Vorgänge des heutigen Lebens werden oft nicht sachgemäß ausgeführt. Zuerst betrachten wir dazu den Umgang mit einer...

Klebstofftube

Mit einer Klebstofftube (oder andere Tuben aus Blech) kann man eigentlich nichts falschmachen, oder? Denkste! Analysieren wir den folgenden Vorgang:

Die noch unbenutzte Klebstofftube wird zuerst der Schachtel entnommen, der Deckel wird abgeschraubt und zur Seite gelegt.
Nun wird die Tube über der Klebestelle positioniert und durch Zusammenpressen der Tubenmitte diese dauerhaft verformt (Quetsch! Drück! Press!). Als Ergebnis dieser Aktion verteilt sich der Tubeninhalt gleichermaßen zum geschlossenen und zum offenen Tubenende hin (Blortsch!).
Nachdem die klebrige Masse auf ihrem Bestimmungsort angelangt ist, wird die Tube zur Seite gelegt, wo ihr Inhalt, bedingt durch die brutale Tubenverformung, munter weiter der Tubenöffnung entströmt (Pladder, Pladder, besonders lustig bei Sekundenkleber *g*).
Nun wird der Tubendeckel wieder auf die Tube geschraubt (Mitschmatsch, mitten auf den ausgelaufenen Klebstoff).

Der krönende Abschluß stellt sich nach wiederholter Benutzung ein:
Die schon gebrauchte Klebstofftube wird wieder in der (stark malträtierten) Tubenmitte gehalten. Beim Versuch, den völlig festgeklebten Deckel abzuschrauben, reißt die Tube in der Mitte ein, wobei sich deren restlicher Inhalt, solange er noch nicht eingetrocknet ist, auf der tubenhaltenden Hand verteilt (Broch!, maximaler Unterhaltungsfaktor stellt sich wieder bei billigsten papierdünnen Sekundenklebertuben aus Fernost ein).

 
Die Feldstudie wird fortgesetzt mit anderen Objekten:

Der Klebestift

Nach dem Abschrauben oder Abziehen des Verschlußes und Herausdrehen der Klebesubstanz wird diese mittels starkem Andrückens (Drück! Stampf!) auf das Papier gebracht.
Durch Bewegen des Stiftes wird die Masse verteilt, wobei sich bedingt durch den Anpressdruck ein Teil der Klebemasse am Gehäuse des Stiftes sammelt (Schab! Kratz!).
Ohne die Klebemasse wieder herunterzudrehen wird der Verschluß sowohl auf dieser als auch auf dem gut mit Klebstoff versehenen Gewinde bzw. Ansatzfläche plaziert (Flortsch!), wodurch die einzig wirklich stabile Klebeverbindung der gesamten Aktion hergestellt wird.

Das beidseitige (Teppich-)Klebeband

Das benötigte Stück Klebeband wird von der Rolle abgewickelt und abgetrennt. Sodann wird die auf der einen Seite vorhandene Schutzfolie abgezogen, so daß beide Klebeseiten offen zugänglich sind. Anschließend wird versucht, das Klebeband halbwegs ordentlich an seinem Bestimmungsort anzubringen (Haft! Kleb! Zieh! Zerr! Knüll!).
Manchmal stellt sich heraus, das noch ein Stück abgeschnitten werden muß, wobei eine Schere zum Kürzen des Bandes verwendet wird (Verkleb! Zusammenkleb! Wickel! Reiß!).
Die Problematik verschärft sich proportional zur Länge des abgeschnittenen Klebebandes. Besonders im letzten Fall kommt es dann zu Fällen, in denen spontane verbale Äußerungen fallen, die von gewissen Zeitgenossen als "nicht korrekt" empfunden werden.

Tipp-Ex und Lacke

Damit auch kein Tropfen dieser kostbaren Pigmentlösungen verloren geht ist häufig zu beobachten, wie der Pinsel an der Öffnung des Farb-/Tipp-Ex - Gefäßes abgewischt wird (Klecker, Schmier). Die dort sorgfältig angebrachte Farbe verhindert durch rasches Antrocknen ein luftdichtes Verschließen des Behälters, was wiederum bei der nächsten Verwendung für Überraschung sorgt und mit Worten wie "Das gibt´s doch nicht - schon wieder alles eingetrocknet!" kommentiert wird.

Die Gummisaugglocke zur Rohrreinigung

Die Saugglocke wird auf die Öffnung des Waschbeckens oder der Badewanne gesetzt und die andere Öffnung, soweit vorhanden, luftdicht abgedeckt (Staun!). Sodann wird durch rhythmisch pumpende Bewegungungen der Saugglocke die zwischen Glocke und Verstopfung liegende LUFT komprimiert und wieder entspannt (Wupp Wopp Wupp Wopp), während der Dreckpfropf unbeeindruckt weiter in der Leitung hängt.

Und sonst

sieht es auch nicht viel erfreulicher aus, wenn man beobachtet wie darüber Gedanken gemacht werden, welches Reinigungsmittel am besten ist, während die Spüllösungsflecken munter antrocknen oder die aberwitzigsten Versuche, etwas restlos zu entleeren, wie etwa Gartenschläuche, verfolgt. Daß das Verhalten, mit zunehmender Entfernung des Gesprächspartners den Telefonhörer fester an das Ohr zu drücken oder gar mit der Hand abzuschirmen, weit verbreitet ist verwundert dann auch nicht mehr.

Mail an den Autor: webmeister@deinmeister.de

Hauptseite Programmieren Win32Asm Downloads Software Hardware Cartoons+Co Texte Sitemap